Wir alle haben uns gefreut. Gefreut auf die DHd 2022[1] in Potsdam. Eine einwöchige Konferenz mit angeregten Diskussionen, Austausch, Vorträgen, Panels und einem freshen Posterslam gefasst unter dem Tagungsmotto „Kulturen des digitalen Gedächtnisses“. Eine Veranstaltung zu der die fachwissenschaftliche DH-Community, bunt gemischt aus „Newbies“ und „alten Hasen“ aus allen Ecken der Republik (und natürlich aus Österreich und der Schweiz) zusammenkommt. Doch es sollte nicht sein. Die Pandemie machte dem Programm- und Organisationsteam sowie allen Teilnehmer*innen einen Strich durch die Rechnung. Besonders bitter für den Nachwuchs, der sich um ein Stipendium[2] für die Reise in die grünste Hauptstadt Deutschlands[3] beworben hatte und reinschnuppern wollte in den bunten Zirkus der digitalen Geisteswissenschaften im deutschsprachigen Raum. Um den Anwärterinnen und Anwärtern die Gelegenheit für einen wissenschaftlichen Austausch untereinander zu ermöglichen, kamen die Verantwortlichen des Netzwerks digitale Geisteswissenschaften der Universität Potsdam und der FH-Potsdam auf eine tolle Idee. Sie veranstalteten für uns ein zweitägiges Barcamp zu dem Thema „Kulturdaten in Datenkulturen: Digital Humanities als kulturelle Praxis“[4]. DIE Chance um in einen interdisziplinären Diskurs über Kulturdaten zu treten, neue Perspektiven und Ideen kennenzulernen und natürlich etwas Zeit für ein wenig Sightseeing in der Residenzstadt Potsdam!
Recap: Zwei Sessions meiner Wahl
In einer sehr spannenden Session zu der Frage, wie man Kulturdaten und Korpora für die eigene Forschung findet und erschließt ging es unter anderem um das Thema Datenschutz, das schlussendlich zu einer Grundsatzdiskussion über Open Science führte. Gegenstand des Projekts von Rebekka Borges war die Erstellung eines Korpus von Telegramchats durch Coronaleugner*innen. Mit Hilfe von Machine Learning wurde ein Klassifikator entwickelt, der Nachrichten in coronaleugnerisch und nicht-coronaleugnerisch kategorisieren kann. Die Anwendung einer solchen Technologie führte zu der Anschlussfrage, ob man Daten aus social media wie Reddit oder Telegramgruppen crawlen, weiterverarbeiten, aufbereiten und für Forschungszwecke publizieren und nachnutzbar machen darf? Es ist eine Grauzone. Sobald wir uns auf einer dieser oder vergleichbaren Plattform registrieren, geben wir automatisch unsere persönlichen Daten preis. Wir als User*innen geben das Urheberrecht ab sobald wir (z.B. bei Telegram) Nachrichten abschicken und Inhalte posten. Damit ist es jede*m erlaubt, diese Nachrichten in irgendeiner Art zu nutzen. Wir als reflektierte Wissenschaftler*innen müssen uns selbst hinterfragen, ob wir nicht doch respektvoll mit den Daten anderer umgehen sollten.
Die Diskussionsrunde über die Visualisierung von Kulturdaten war für mich persönlich interessant, da ich selbst bis dato noch nicht so viel Erfahrung mit diesem Thema habe. Um mein Wissen auf diesem Gebiet zu erweitern, habe ich mich im Vorfeld des Barcamps für einen Austausch mit anderen Interessierten eingesetzt und das Thema als Session im Etherpad für potentielle Themenvorschläge notiert. Welche Rolle spielen Visualisierungen in euren Projekten? Mit welcher Art von Visualisierungen habt ihr es zu tun? Was wird visualisiert? Wo gibt es Probleme bei der Visualisierung von Kulturdaten? Was bringen Visualisierungen für einen Mehrwert? Inwieweit tragen Visualisierungen zum Erschließungs- und Erkenntnisprozess bei? Wie sich herausstellte war ich nicht die einzige, die sich bisher wenig Gedanken über die visuelle Darstellung von Kulturdaten gemacht hat. Bei einigen spielt diese Komponente eine eher untergeordnete, unterstützende oder (noch) gar keine Rolle. Die Diskussion über den Einsatz von Software und Tools wie z.B. Gephi, d3js oder DARIAH-DE Geo-Browser war insbesondere für diejenigen hilfreich, die sich mit Visualisierungen zukünftig mehr beschäftigen möchten.