Welche Rolle spielt das Internet in autokratischen Regierungen? Dieser Frage gingen Prof. Dr. Nils Weidmann und Geelmuyden Rød in ihrem Forschungsprojekt nach. Dabei untersuchten sie unter anderem, wie Protestbewegungen vom Internet und sozialen Medien beeinflusst werden und wie sich diese komplexe Beziehung beschreiben lässt. In einem Interview haben wir mit Professor Weidmann über die Forschungsergebnisse gesprochen und ihn außerdem um einen Ausblick gebeten: Wie werden sich politischer Protest und autokratische Regierungen in Zukunft verändern?
"Mal als Heilsbringer, mal als Unglück bezeichnet"
L.I.S.A.: Lieber Herr Weidmann, die Überschrift der Presseerklärung zu dem von Ihnen und Herrn Geelmuyden Røds veröffentlichten Buch[1] lautet ganz plakativ „Ist das Internet für die Diktatoren nützlich oder gefährlich?“ - Das hört sich fast nach einem Leitfaden zu der Benutzung des Internets für autokratische Regierungen an. Doch welches Forschungsinteresse verbirgt sich tatsächlich hinter „The Internet and Political Protest in Autocraties“?
Prof. Dr. Weidmann: Die Motivation, dieses Buch zu schreiben, war eine wissenschaftliche: Je nach aktuellen politischen Ereignissen wird digitale Kommunikation mal als Heilsbringer, mal als Unglück bezeichnet. Wir wollten hier prüfen, wie die empirische Evidenz aussieht. Dazu haben wir uns auf einen Typ von Aktivismus konzentriert: Den Protest gegen autokratische Regierungen. Wir haben dann über verschiedene Autokratien hinweg verglichen, wie die Verfügbarkeit von Internet mit der Häufigkeit von Protest zusammenhängt.